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Ledergroßprojekt #1 – abgeschlossen

Ein lange ersehnter Traum ist wahr geworden – Wunscherfüller war ich selbst!

Tatsächlich ist der Faun im Gesamten ein Wunschprojekt. Eine dieser „Das wollte ich schon immer mal ausprobieren“-Phantasien. Noch älter allerdings ist der Drang mal eine lederne Schulterrüstung zu machen. Gleichzeitig auch eine Herausforderung, an die ich mich lange nicht gewagt habe.

Nachdem letztes Jahr endlich die Hürde Punzieren genommen war, fehlte es noch an einem Schnittmuster. Der erste Versuch scheiterte kläglich. Eine umfangreiche Æthernetrecherche und inspirierende Bildersuche später, war mir zumindest das Prinzip klar. Welches dann mit Müsli- bzw. Pizzaverpackungen und Flachkopfklammern einem Realiätstest unterzogen wurde.
Für den nächsten Schritt – das Ausschneiden der Lederteile – konnte ich endlich den neuen Arbeitsplatz im Keller einweihen. Dem alten Küchentisch wurde dort eine zweite Lebenszeit ermöglicht als Unterlage für Alles, das Dreck, Farbspritzer und Dellen hinterlässt. Oder wie in diesem Fall einfach zu groß für meinen Schreibtisch ist. Leider ist der Keller so feucht, dass man dort kein Werkzeug oder Material lagern kann. Sonst wäre er schon längst zur Werkstatt mutiert.

Punziert habe ich dann wieder bei mir am Schreibtisch kombiniert mit Binge-Watching. Große Flächen mit einheitlichem Muster zu versehen ist eine ungemein meditative Aufgabe. Solche Arbeiten liebe ich als Ausgleich zum Tageswerk.

Das Muster ist relativ simpel, denn die Schulter soll nicht nur für den Faun tragbar sondern auch mit anderen Outfits und Stilen kombinierbar sein.

Und wieder ab in den Keller. Die Sauerei vom Färben geht ja auf keine Kuhhaut (kleiner Sidefact: in meinem Zimmer liegt ein ganzes Kuhfell als Teppich). Die Lederrückseite ist mit einer stark verdünnten Farbe (Fiebings dark brown) gefärbt. Vorn habe ich erst mit 1:1 verdünntem Dunkelbraun gefärbt. Dann folgten zwei Schichten unverdünnt nur auf den Streben. Und ja, ich bin dabei nicht immer in der Spur geblieben.

Dabei hat sich gerächt, dass ich beim Punzieren nur die Teile angefeuchtet habe, auf den ich gearbeitet habe. Anscheinend ist die Fähigkeit Farbe aufzunehmen abhängig davon, ob das Leder vorher schon einmal naß war.

Nachdem das Leder vollständig getrocknet war, bin ich zur Nachbehandlung übergegangen. Diese beinhaltet: Kanten glätten und mit Gum Tragacanth versiegeln, danach Finish mit Carnauba-Creme, einer wasser- und schmutzabweisenden Wachsmischung.

Jetzt ist es Zeit für die Endmontage. Zuerst habe ich sämtliche Gürtelschnallen an den Riemen befestigt. Dann erfolgte das Zusammennieten der Rüstungsteile von unten nach oben. Angefangen mit dem Armstück. Erst die Riemen dann der Gurt, der das Armstück mit der unteren Schuppe der Schulter flexibel verbindet.

Das andere Ende des Gurtes kommt an die Oberseite der Schulterschuppe. Diese wiederum an die nächste Schuppe. Und dann passte es nicht mehr zum Photographieren auf die Fensterbank, aber den Rest könnt ihr euch denken. Also noch das Oberteil aufnieten (vorher die versehentlich falsch gesetzten Löcher ebenfalls mit Nieten füllen) und dann den Brustgurt befestigen.
Zum Schluss diese eher zweidimensionale Angelegenheit mit roher Gewalt in Form biegen. Rüstleder ist ganz schön zäh – vor allem drei Lagen davon. Beim ersten Anprobieren standen die Enden noch weit ab. Nach zwei Wochen auf der Schneiderpuppe ist jetzt allerdings alles da wo es hingehört.
Suboptimal ist die Beweglichkeit der Teile untereinander, aber das kommt mit der Zeit. Eventuell wäre auch ein geschwungener oberer Rand für die kleineren Schuppen sinnvoll.

Trotzdem bin ich unheimlich stolz auf meine neue Rüstschulter!