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Blog zum Sonntag | Zitat vs. Werbung

Jede Verlinkung, Erwähnung oder sichtbares Logo auf diesem Blog ist Werbung.

Bisher wurde mir noch von keiner Firma irgendeine Gegenleistung angeboten dafür, dass ich auf diesem Blog über deren Produkte oder Dienstleistungen schreibe oder sie hier abbilde. Sollte dies doch mal der Fall sein, werde ich das entsprechend und eindeutig kennzeichnen bspw. durch Hinweise wie „Werbung“, „Affiliate“, „Gesponsert“ oder in „Kooperation mit“.

Bei Photoshootings gilt die TfP-Basis (Time for Pictures). Model und Photograph investieren ihre Zeit um tolle Bilder umzusetzen, Geld wechselt dabei nicht den Besitzer. (In seltenen Fällen habe ich den Photographen für seine Arbeit bezahlt, sprich ein Shooting gebucht.)

Wahrscheinlich bist du hier gelandet, nachdem du auf den Link „Enthält Quellenangaben, die man als Werbung verstehen könnte.“ geklickt hast. Für den gesetzlichen Kontext muss ich leider etwas ausholen, also mach’s dir bequem.

Wenn du dich schonmal mit der Kennzeichnungspflicht auseinander gesetzt hast, kannst du auch gleich zum zweiten Teil springen.

Das Trennungsgebot und die Definition von Werbung

Hinter gefühlt jedem Link steht ein „Vorsicht! Werbung“, jeder Tag könnte Werbung sein, jeder zweite FB-Eintrag fängt mit den Worten an „Dieser Beitrag enthält Links, die möglicherweise werblichen Charakter haben“. Es nervt!

Aber warum machen Leute das?

Die Antwort lautet, weil es das Trennungsgebot so vorsieht. Danach müssen kommerzielle Kommunikationen klar als solche erkennbar sein (§ 6 TMG Abs. 1 Nr. 1 ). Ähnliche Kennzeichungspflichten ergeben sich zudem aus dem Rundfunkstaatsvertrag (§ 58 RStV) und dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (Nr. 11 d. Anh. zu § 3 Abs. 3 UWG, § 5a Abs. 6 UWG).

Das ist erstmal nicht verwerflich und es ist eigentlich vollkommen richtig den Verbraucher darauf hinzuweisen, dass gerade ein Firma versucht ihn zum Kauf zu verlocken.

Problematisch ist allerdings die Definition von Werbung. Denn jede Äußerung, deren Ziel die Förderung des Warenabsatzes oder Dienstleistungen ist, zählt als Werbung, sobald sie außerhalb des privaten Umfeldes getroffen wird. Dabei wird der Werbegehalt jedoch nicht von der Person bestimmt, welche die Äußerung tätigt, sondern vom Empfänger der Nachricht.

Das heißt dann wohl, dass jede Aussage, die ein Produkt, eine Dienstleistung oder eine Firma beinhaltet und außerhalb des privaten Umfeldes geäußert wird, bereits Werbung ist. Rechtsanwälte werden hier widersprechen – siehe Links im Literaturverzeichnis – aber solange die Botschaft vom Empfänger bestimmt wird, kann man alles so drehen, dass es den Werbekriterien entspricht. Selbst den totalen Verriss eines Produktes – denn es gibt keine schlechte Werbung.

Und deswegen klatschen alle aus Furcht vor Abmahnungen hinter jeden Link oder Namensnennung ein „Vorsicht! Werbung!“ – mit dem Effekt, dass nicht mehr ersichtlich ist, was tatsächlich bezahlte Werbung ist und was nicht. Das Trennungsgebot hat seine Wirkung verfehlt.

Literaturverzeichnis:

(aka Werbeblock, für den ich nicht vergütet werde)

Verlinkung in der Wissenschaft

Für mich ist das ganze nochmal umso absurder, da ich durch Studium und Promotion dazu erzogen wurde meine Quellen zu nennen. Wenn ich also Schnittmuster verwende dann taucht das natürlich auch im Blogpost auf.

Jetzt könnte man sagen, dass Zitation nunmal zur guten wissenschaftlichen Praxis gehört und nicht mit kommerzieller Werbung vergleichbar ist, doch so leicht ist es leider nicht. Denn auch Wissenschaft ist ein Wettbewerb.

Es geht um wissenschaftliche Anerkennung, Fördergelder und Arbeitsplätze. Das Hauptauswahlkriterium für Professoren beispielsweise ist nicht ihre Fähigkeit zu Lehren – tatsächlich müssen Professoren keinerlei didaktische Ausbildung nachweisen – sondern ihre Fähigkeit Drittmittel einzuwerben. Drittmittel umfassen alle finanziellen Zuwendungen, die nicht direkt von der Universität bzw. Institut kommen. Also aus den Geldtöpfen der Wirtschaft aber auch aus Stiftungen sowie der öffentlichen Forschungsförderung bspw. der Ministerien.

Wie kommt man nun an Drittmittel?

Ganz einfach: Man schreibt Anträge. Auf Basis von Vorversuchen (die optimalerweise bereits publiziert wurden) werden die Ziele während der Förderdauer dargestellt sowie die langfristigen Forschungsziele (die meist seeeehr ambitioniert sind). Die Art der Bewertung des Antrags hängt von der jeweiligen Fördereinrichtung ab. Kriterien sind dabei neben der Relevanz des Themas und der Machbarkeit auch die wissenschaftliche Qualität der Bewerber.

Hier kommen wir an den Punkt des „Publish or Perish“ – nur wer publiziert ist relevant. Es gibt vor allem im Bereich der Naturwissenschaften ein Ranking System sowohl für Zeitschriften (impact factor) als auch für Wissenschaftler (h-Index). Das Ganze funktioniert über die Zitationen.

Zeitschriften, deren Artikel häufig zitiert werden, steigen im Ranking und gelten als besonders relevant. Zeitschriften mit einem sehr engen inhaltlichen Fokus haben Impact Faktoren im niedrigen einstelligen Bereich (Bsp. Diamond and Related Materials 2,125 [Jahr 2017]). Die Goldene Gans ist die Zeitschrift Nature mit einem Impact Factor von 41,577 (Jahr 2017).

Je höher der Impact Factor, desto schwieriger ist es dort einen Artikel unterzubringen. Manche Arbeitsgruppen haben interne Vorgaben nur in Zeitschriften mit einem Mindest-Impact-Factor zu publizieren. Was manchmal dazu führt, dass Artikel bei thematisch vollkommen unpassenden Zeitschriften veröffentlicht werden – Hauptsache der Impact-Factor stimmt, denn viele Artikel mit hohem Impact Factor werfen ein gutes Licht auf die Arbeitsgruppe und erhöhen damit die Chancen auf Fördergelder.

Erinnert euch dieses System an etwas?

Genau: In der Wissenschaft geht es wie auch im Online-Leben um Backlinks. Backlinks sind gute wissenschaftliche Praxis. Ich koche ein Rezept nach, verändere ein paar Zutaten und schreibe einen Artikel darüber – dann gehört es verdammt nochmal dazu die Quelle des Ursprungsrezeptes zu nennen! Egal ob es um das weltbeste Kartoffelgratin oder physikalisches Ätzen von nanokristallinem Diamant geht.

Und jetzt ist gute wissenschaftliche Praxis auf einmal unerlaubte Werbung?

Literaturverzeichnis:

(aka Werbeblock, für den ich nicht vergütet werde)

Wie konnte es soweit kommen?

Da ich nicht auf Instagram bin, hab ich den ganzen Quatsch erst recht spät mitgekommen, als immer mehr und mehr Leute einfach alles als Werbung markierten. Deswegen gebe ich hier auch nur einen kleinen Abriss – Links zu ausführlichen Beiträgen im Literaturverzeichnis.

Die Geschichte ist nicht so neu – einige Abmahnungen datieren bis mindestens 2016 zurück – scheint aber seit Frühsommer 2018 besonders an Schwung zu gewinnen.

Ursprung des Problems ist die #neuland-Praxis Influencer auf sozialen Medien als Werbeträger zu nutzen. Firmen stellen also kostenlose Produkte und Dienstleistungen zur Verfügung und bekommen dafür Reviews, Tags und Backlinks. Da Influencer zu ihren Followern ein quasi-persönliche Verbindung aufgebaut haben, wird diese Form der Werbung, selbst bei entsprechender Kennzeichnung, unterschwellig nicht so stark als Werbung wahrgenommen. Außerdem lassen sich bestimmte Zielgruppen viel selektiver ansprechen als mit konventioneller Werbung.

Diese bezahlte Werbung wird auch von den meisten Influencern brav als solche gekennzeichnet. Jetzt kommt allerdings ein Verband daher und mahnt fleißig Influencer ab für Beiträge, in denen die Produkte vom Influencer selbst gekauft wurden und auch keine gewerbliche Verbindung zur Marke besteht. Um die Verwirrung komplett zu machen, bekam der Verband auch noch in erster Instanz Recht.

Dass damit die Verunsicherung groß ist und sicherheitshalber alles als Werbung gekennzeichnet wird, ist nachvollziehbar.

Im September haben Werbe- und Pr-Verbände eine Richtlinie herausgegeben um Klarheit zu schaffen. Aber effektiv ist die nicht, da nur bezahlte Werbung adressiert wird. Zur Nennung/Verlinkung der Marken selbstgekaufter Produkte herrscht weiterhin Unsicherheit.

Man kann also nur hoffen, dass hier bald rechtliche Klarheit geschaffen wird – und jemand den Gerichten vorher das Internet 2.0 erklärt hat.

Literaturverzeichnis:

(aka Werbeblock, für den ich nicht vergütet werde)